Der Unterricht | Arbeitsweise
Nach einer ausführlichen allgemeinen und berufsspezifischen Erst-Anamnese erfolgt eine senso- und psychomotorische Analyse beim Spielen bzw. Singen. Anhand der Befunde wird ein individuell abgestimmter Weg zur Überwindung der vorliegenden Spielproblematik entwickelt.
In Einzelunterrichtsstunden sind „Entlocken“ und Bestätigung dabei die didaktischen Bausteine, positive Gefühls- und Bewegungserfahrungen sind das Ziel. Die Dispokinesis geht den Weg zurück zur Ursprünglichkeit, zu ungebremster Intuition und Kreativität, indem sie elementare Bewegungserfahrungen wieder bewusst macht. Eigene stereotype Haltungen und Bewegungen werden wahrgenommen und benannt.
In einem sensomotorischen Reifungsprozess werden individuelle Bewegungsvorstellungen entwickelt, und damit die Möglichkeit, frei über die Gestaltung des eigenen musikalischen und künstlerischen Ausdrucks zu verfügen.
Arbeitsweise
Die Dispokinesis bietet mehrere parallel oder gestaffelt vermittelbare Ansätze:
- Urgestalten
- Arbeit am Instrument
- Ergonomische Anpassungen
Urgestalten
Die „Urgestalten von Haltung und Bewegung“
Die Urgestalten sind ursprüngliche Formen der Körperhaltung und -bewegung, wie sie jedem neuen Leben als „innere Weisheit“ mitgegeben ist: Ein gesundes Kleinkind entwickelt seine individuelle Motorik auf natürliche Weise vom Liegen, Krabbeln, Sitzen, Aufrichten bis hin zum Stehen und Gehen. Diese primäre Bewegungsentwicklung bildet die motorischen Urerfahrungen des Menschen. Sie ist zugleich Voraussetzung seiner geistigen Entwicklung. Mit dem aufrechten Gang werden die Hände für die Körperbalance entbehrlich und frei zum Greifen und Handeln. Das Kind erlebt den entscheidenden Entwicklungssprung vom Greifens hin zum „Begreifen“. Über die Feinmotorik wird gezieltes „Handeln“ möglich. Auf dem Weg dahin sind die Begleitumstände des Entwicklungsprozesses entscheidend. Hindernde oder schädigende Einflüsse hinterlassen tiefe Spuren im Bewegungsmuster wie in der geistigen und psychischen Entwicklung. Sie hemmen die motorische und geistige Reifung des Menschen.
Arbeit am Instrument oder der Stimme
Mittels der Urgestalten entwickelt sich die Fähigkeit, eine angemessene Körper- und Spielhaltung wählen zu können, die Stabilität und Beweglichkeit und damit Ausdrucksfreiheit ermöglicht. Um die instrumentale und musikalisch-künstlerische Kompetenz zu erweitern, bietet die Dispokinesis auf die jeweiligen Instrumente bezogene Übungen, Vorstellungs- und Lernhilfen an. Stichworte hierzu sind die Dosierungsfähigkeit von Körperspannung und Krafteinsatz in Haltung, Atmung und Bewegung, die Differenzierungsfähigkeit im Kontakt zum Instrument über Saiten, Klappen, Tasten, Mundstücke etc.; die Unabhängigkeit der Hände oder der einzelnen Finger, oder auch der Umgang mit dem sogenannten Lampenfieber…
Gerrit Onne van de Klashorst stellte fest: „Musiker sind Bewegungskünstler.“ Wenn es gelingt, die musikalische Vorstellung ungehemmt in Bewegung und Klang umzusetzen, ist das Ziel erreicht. Musizieren wird für Ausübende und Zuhörende zu einem beglückenden und befriedigenden Erlebnis. In der Bewusstwerdung der eigenen Wahrnehmung liegt für Musizierende der Schlüssel zu einem kompetenten Umgang mit sich selbst. Die Dispokinesis geht weit über Bewegungstherapie, Körperselbsterfahrung und Entspannung hinaus und stellt das Musizieren bzw. Darstellen auf der Bühne ins Zentrum.
Ergonomische Anpassungen
Ein weiterer Ansatzpunkt der Dispokinesis sind Fragen der Instrumentalergonomie. Sie betrachtet die individuellen physischen Voraussetzungen für eine optimale Feinmotorik am Instrument.
Diverse ergonomische Hilfen wie spezielle Sitzkissen, Kinnhalter und Schulterstützen für hohe Streicher oder Gurte, Daumen- und Kniestützen für Blas- und Zupfinstrumente stehen zur Verfügung. Eine Grundregel der Dispokinesis lautet: Das Instrument ist dem Körper anzupassen, nicht der Körper dem Instrument.